13.06.2025
Findus 18+
Manchmal passieren merkwürdige Dinge in der russischen Bücherwelt. Der Verlag „Weiße Krähe“ hat eine Rückrufaktion der Kinderbuchreihe „Pettersson und Findus“ angekündigt, alle Bücher dieser Reihe dürfen ab sofort nicht mehr verkauft werden. Die Buchhändler und Bibliotheken müssen sie aus dem Regal nehmen. Kann das wahr sein? Ja, es werden in heutigem Russland Bücher verboten, solche mit politischen Inhalten, mit Kritik am Regime, von den ausgereisten Schriftstellern, die den Status „unerwünschter Personen“ oder „Agenten des ausländischen Einflusses“ vom Justizministerium bekommen haben, sowie Bücher, in denen „nichttraditionelle Partnerschaftsformen“ beschrieben werden. „Propaganda für Homosexualität“ und „Verschmähung der traditionellen russischen Werte“ wird unter Strafe gestellt. Aber Findus und Pettersson? Wie kamen sie auf die Liste der verbotenen Literatur? Die Abenteuer des alten Schweden und seines launischen Kätzchens sind in Russland sehr beliebt, gefühlt in waren diese Bücher in jeder Hausbibliothek vorhanden, in jeder Familie, die Kinder hat. Verstößt etwa die enge Beziehung zwischen Petterson und Findus auch gegen die traditionellen russischen Werte? Und weiß jemand, was diese Werte genau sind? Damit tun sich die Russen zur Zeit schwer. In seiner neuen Rolle als „eigenständige Zivilisation“ und „eine souveräne russische Welt“ übt das Land erst zu laufen, manchmal hat man das Gefühl, der Schuh ist zu groß.
Der unfehlbare Staatsmann, der Herrscher und Hüter dieser „Zivilisation“, der das russische Volk wie kein anderer versteht, sitzt ganz oben und redet nicht viel. Ab und zu sagt er etwas über die Wichtigkeit der traditionellen Werte, aber er geht nicht ins Detail. Gleichzeitig ist er als eine leicht reizbare und nachtragende Person bekannt. Unter ihm leben Menschen, deren Aufgabe es ist, den Herrscher nicht traurig zu machen. Die Kommunikation zwischen dem Staat und der Bevölkerung funktioniert nach dem 3 G-Prinzip: Geld, Gewalt und Gesang. Die unzähligen Geheim- und Sicherheitsdienste sorgen dafür, dass niemand ungestraft bleibt, der eventuell etwas im Schilde führen könnte. Für Loyalität wird gezahlt, die Aufgabe der Kultur ist es, dieses neue Russland zu besingen, mit der Botschaft: Noch nie und nirgends war das Leben so schön und die Menschen so glücklich, wie in der russischen Welt der traditionellen Werte. Das Problem ist, eine genaue Beschreibung dieser Werte fehlt, die Liste der unerwünschten Personen, Extremisten und verbotenen Büchern wird Woche für Woche länger.
Die Bürokratie des russischen Staates muss auf eigene Gefahr handeln, um die Vorstellungen des Chefs umzusetzen, die wahrscheinlich nicht einmal der Chef selbst kennt. Wie jede Bürokratie handelt die russische nach dem Prinzip „übertriebene Vorsicht ist besser als Nachsicht“ Für ein Verbot zu viel wird man nicht bestraft, während die Nachlässigkeit gefährlich sein könnte. Mit Rage werden in Russland Dinge bekämpft, die leicht zu bekämpfen sind. Filme oder Theaterinszenierungen lassen sich zum Beispiel leicht verbieten. Sie werden einfach nicht gezeigt. Dasselbe gilt für Menschen, die sich zu Fragen äußern wollen, die sich nichts angehen: Politik, Wirtschaft, Krieg in der Ukraine, Child free und die sog. „nichttraditionellen Liebesformen“. Doch die Gesetze sind lasch formuliert, jede Äußerung oder auch Schweigen könnte als Propaganda für Homosexualität gedeutet werden und die besorgten Bürger schlafen nicht. Es wird denunziert, Clubs mit einem falschen Programm werden geschlossen, Galerien kaputt geschlagen.
Schwieriger wird es, wenn es um Bücher geht. Die Bücher werden nach wie vor millionenfach in Russland gedruckt, es sind sehr viele Buchstaben und nicht einmal der Chef persönlich weiß, was in all diesen Büchern steht. Letzten Endes wird im Verlagswesen auf die Selbstzensur gesetzt, schließlich schützt Unwissenheit nicht vor Strafe. Die Verlage müssen selbst handeln und ihre Produktion mit wachen Augen durchlesen. Sollten sich besorgte Bürger jemals beschweren, sind die Verleger nämlich geliefert. Und die Leser? Im Internet kursieren Gebrauchsanweisungen für Leser der verbotenen Literatur, sorgfältig von Juristen zusammengefasst, es verhält sich nämlich mit der verbotenen Literatur in Russland wie mit dem Cannabisrauchen in Deutschland, erzeugen und verbreiten ist strafbar konsumieren erlaubt. Oder doch nicht? Kann das Lesen bzw. Vorlesen eines verbotenen Buches als Propaganda für Homosexualität gedeutet werden? Ja, sagen die Juristen und empfehlen, die Bücher mit unsicherem Inhalt gut zu verpacken, am besten in eine patriotische Zeitung einwickeln und im öffentlichen Verkehr aufpassen, dass keiner dir über die Schulter in deinem Buch mitliest. Es ist allerdings nicht immer leicht herauszufinden, welche Literatur schon verboten ist oder noch auf dem Weg dahin. Es existiert zwar eine Liste der verbotenen Literatur, die Bücher mit politischem Inhalt, von den Regimegegnern verfasste Werke sind auf dem Index, sowie Literatur, die sich eine Beschreibung nichttraditioneller Werte erlaubt, doch damit ist das Problem nicht gelöst. Findus und Petterson sind zum Beispiel nicht verboten. Man darf sie aber trotzdem nicht verkaufen. Was ist passiert? Die Übersetzerin der Kinderbuchreihe war nebenberuflich politisch aktiv, sie arbeitete für „Memorial“, eine in Russland verbotene Menschenrechtsorganisation, verließ das Land nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und wurde nun als unerwünschte Extremistin eigestuft. Weil ihr Name auf dem Cover steht, darf das Buch laut der neuen Gesetzgebung nur in schwarzes Papier gewickelt mit der Bezeichnung 18 + in den Regalen ausliegen. Der Kauf eines solchen Buches kann unter Umständen als politisch motivierte Tat gedeutet werden. Was hat der Verlag nun vor? Ich denke, sie wollen die Bücher jetzt ohne den Namen der Übersetzerin neu drucken. Ob das hilft, weiß man nicht.
02.06.2025
Die Ukrainer haben russische Militärflughäfen zerstört, angeblich ist ein Drittel der verfügbaren Flugzeuge dabei weggesprengt worden. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine kommt zurück ins Angreifer Land, er ist längst zum Alltag geworden. Wie reagieren die Menschen darauf? Die einzige Reaktion in sozialen Medien auf Drohnenangriffe war: „Ohoho!“ und „Wow!“ Das Leben ist Fatum, des Menschen Verhängnis. Wir sind ihm ausgeliefert. In allen Lebensbereichen sehe ich diese fatalistische Haltung, neulich habe ich mit meiner Tante in Moskau telefoniert. Über Krieg reden wir nicht.
Seit April ist das alles beherrschende Thema in Moskau: die Heizung. Aus einem schwer nachvollziehbaren Grund ist es den Moskauern nicht erlaubt, selbst die Temperatur in ihren Wohnungen zu regeln. Die Stadt hat ein Zentralheizungssystem, das von der der Stadtregierung auf direkten Befehl des Bürgermeisters zwei Mal im Jahr geregelt wird, d.h. einmal an- und einmal ausgeschaltet wird. Das einzige, was die Bürger selbst in die Hand nehmen dürfen, ist, die Fenster zu öffnen und zu schließen. Die Entscheidung über das Abschalten der Heizung richtet sich nicht nach den Wetterbedingen nicht nach der Position des Planeten Erde im Umlauf der Sonne und nicht nach den Problemen der Bürger. Sie richtet sich allein nach den Flausen im Kopf des Bürgermeisters. Das führt dazu, dass es im Winter saukalt und im Sommer unerträglich warm ist, manchmal aber auch umgekehrt. Das Wetter spielt nicht nur in Deutschland verrückt. Und es wird jedes Jahr schlimmer. Dieses Jahr begannen die Moskauer bereits in April zu stöhnen. Der Monat war sehr heiß gewesen, die Heizung lief auf vollen Touren. Das Internet füllte sich mich Bürgerbriefen an die Stadtregierung und direkt an den Bürgermeister: „Sehr geehrter Sergej Semenowitch,“ schrieben die verschwitzten Bürger.
„Schauen Sie bitte aus dem Fenster, draußen sind es 27 Grad! Die höchste Messung seit Beginn aller Messungen! Die Vögel fallen vor Hitze von den Bäumen, die Katzen brutzeln auf Radiatoren, bitte schalten Sie die Heizung aus! Lieber Sergej Semenowitsch, lassen sie ihre Bürger nicht verkochen, das tut Ihnen doch nicht wirklich weh, eine Handumdrehung und die Heizung ist aus, bitte bitte!“
Die Regierung hörte die Signale nicht. Bedeutungsvolles Schweigen war die Antwort. In Mai waren es plötzlich minus 6 und Schnee. „Lieber über alles geliebter Herr Bürgermeister,“ schrieben die Bürger. „Mit ihrer weisen Entscheidung die Heizung anzulassen, haben sie noch einmal ihre praktische Erfahrung und ihren vorausschauenden Regierungsstil bewiesen. Wir waren ungeduldig, naiv, wir waren wie verheizt. Doch jetzt, wo der kalte Wind des Nordpols uns direkt ins Gesicht pustet, wollen wir uns für ihre weise Führung bedanken. Wir sind absolut sicher, dass ihre weiteren Schritte in Richtung Heizung von der gleichen Ausgewogenheit und Menschenkenntnis begleitet werden.“ Eine Reaktion aus der Machtetagen gab es wie immer keine. Der Juni begann mit Hitze, die Heizung läuft, die Katzen brutzeln.
29.05.2025
Ich bin erstaunt über die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung unserer Zivilisation. Der technische Fortschritt und die Erfolge der Medizin haben unsere Lebensqualität ungemein verbessert. In den wirtschaftlich erfolgreichen Ländern leben heute die Menschen besser als die Könige vor zweihundert Jahren, sie schlafen in gut beheizten Räumen und haben drei Mahlzeiten am Tag. Die Vielfalt der fettarmen Jogurts ist atemberaubend. Die politischen Systeme sind die gleichen geblieben: Diktatur, Autokratie und Demokratie mit Aussetzern. Selbst in den fortschrittlichen Demokratien Europas und Amerikas landen zufällige Menschen in den Machtetagen, Manager, Spinner, unter Aufmerksamkeitsdefizit leidende fröhliche Rentner mit Flausen im Kopf. Diesen Zustand haben wir nicht zuletzt der ungleichmäßigen Entwicklung der Medizin zu verdanken. Der medizinische Fortschritt der letzten hundert Jahren war enorm: Antibiotika, künstliche Kniescheiben und Herzklappen, Organtransplantationen können alle lebenswichtige Funktionen des Körpers stützen und erhöhen das Durchschnittsalter.
So viele Hundertjährige gab es laut Statistik noch nie in der Geschichte der Menschheit. Doch in dieser fortschrittlichen Medizin geht es hauptsächlich um den Körper, der Kopf wird vernachlässigt und bleibt die Schwachstelle der Menschheit. Als Ergebnis dieser Entwicklung haben wir eine Situation, in der die mächtigsten und gefährlichsten Länder der Welt mit dem größten Atomwaffenarsenal: China, Russland, USA von den robusten Übersiebzigjährigen regiert werden, die eine gute Fitness aufweisen, reden und laufen können, aber Flausen im Kopf haben und nicht vorhaben, in Rente zu gehen.
Im Gegenteil arbeiten in diesen Ländern große medizinische Kollektive an der Lebensverlängerung der Greisen, mit konventionellen und unkonventionellen Methoden, so nimmt Trump angeblich extra für ihn entwickelten Antidepressiva, Xi trinkt Bibergeil und Putin wird jeden Morgen im Blut der jungen Maralhirsche gebadet.
Trotz der unterschiedlichen politischen Systeme in diesen drei Ländern – eine Demokratie mit Aussetzern, eine Diktatur und eine autokratische Regierung, neigen alle drei dazu, sich selbst als Nabel der Welt und der Weisheit letzter Schluss zu betrachten. Ihre Völker schweigen, die Stimmen des Zweifels sind kaum hörbar. Durch die Entwicklung des Internets sollten eigentlich alle Stimmen sich besser Gehör verschaffen können, doch das Gegenteil ist der Fall: ein Meer von Stimmen verwandelt sich in weißes Rauschen, in eine unverständliche Soundwolke. Die fachlichen Expertisen werden von den regierenden Greisen nicht angenommen. Ab einem bestimmten Alter ist es einem egal, was die anderen denken. Die letzte Hoffnung der Menschheit ist Biologie, die sich nicht von der Medizin austricksen lässt. Denn sollte es den Greisen gelingen, einmal Unsterblichkeit zu erlangen, haben wir als Spezies ein Problem.
12.05.2025
13. Juni 2025 Köln – Sancta Clara-Keller | Lesung Wladimir Kaminer und Konzert des Asasello Quartett: “Wir und die schöne neue Welt von Gestern” 20:00 Uhr
Asasello Quartett | Köln - 13. Juni 2025
10.05.2025
Die große Parade
Während in Moskau auf dem Roten Platz die Soldaten aus 11 Ländern bedrohlich aufmarschierten und nordkoreanische Generäle mit Putin zusammen feierten, saßen wir in schönem Brandenburg und hörten uns eine Radiosendung über Maiglöckchen an. „In Frühling,“ sagte fröhliche Radiostimme „erwacht die Flora und Fauna aus ihrer Winterruhe. Die Pflanzen beginnen zu blühen und die Tiere kehren von ihrer Wanderung zurück“ Und wir, Menschen? Was machen wir in Frühling? Wir sind ja auch Fauna, die ihre Flora aufgefressen und begonnen hat, sich selbst zu vernichten. Wir kennen keine Winterruhe und kein Frühlingserwachen mehr, es wird Tag und Nacht marschiert, vorwärts ins Ungewisse. Der frisch geschlüpfte Bundeskanzler flog sofort nach Kiew und hatte von dort gemeinsam mit europäischen Kollegen aus der „Koalition der Willigen“ eine 30-tägige Feuerpause von den Russen verlangt. Die Russen reagierten verachtend und lehnten ab. Die Militärparade am Roten Platz wurde in Moskau als sehr gelungen gewertet, Vertreter aus 29 Ländern waren anwesend, sogar zwei europäische Oberhäupter sind als Putins slowakisch-serbischer Zweisitzer in Moskau gelandet Die Welt ist auf unserer Seite, sagte der russische Regierungssprecher, es wird brav weitermarschiert. Einen Tag vor der Militärparade rief die Schwiegermutter aus dem Nordkaukasus an: „Bei uns im Fernsehen haben sie Selenskyj gezeigt, er drohte damit, den Roten Platz während der Parade zu sprengen. Ist es nicht ungerecht? Dort auf der Tribüne stehen doch unschuldige Menschen!“
„Es wäre nicht schlecht, diese konkrete Tribüne zu sprengen, wird aber nicht passieren“ dachte ich insgeheim und stimmte der Schwiegermutter zu.
Die große Ungerechtigkeit jedes Krieges ist, dass die Unschuldigen als Ersten draufgehen. Für die Kriegstreiber ist es wie beim Russisch Roulette, man kann in diesem Spiel gar nicht verlieren: Entweder gewinnt man oder es ist niemand mehr da, von dem man die Spielschulden verlangen konnte. Ich musste die Schwiegermutter beruhigen, ihr sagen, dass Selenskyj übertreibt. Moskau hatte sich auf die Feiertage gut vorbereitet, die Luftabwehr aus dem ganzen Land in die Hauptstadt verlegt. Außerdem hatten die Russen etwas Besseres als Raketenabwehr, sie hatten den Genossen Xi auf der Festbühne, den Herrscher der östlichen Himmelssphäre und Xi ist zur Zeit der beste Schutz gegen alle Lufteingriffe. Solange er dasteht, wird nicht geschossen. Es ist nämlich längst ein offenes Geheimnis, der schlaue Chinese liefert verlässlich Waffen an beide Kriegsparteien, er verkauft an Russen und an die Ukrainer. Seine Lieferungen sind nicht von irgendwelchen Sanktionen, Launen des amerikanischen Präsidenten oder europäischen Wahlergebnissen abhängig, er ist zuverlässig, zurückhaltend und leistet seinen „Partnern“ gerne palliative Hilfe zum angemessenem Preis.
Deswegen war es für Moskau von großer Bedeutung, dass Xi gleich für vier Nächte in Moskau gebucht hat, es war der längste Besuch eines chinesischen Generalsekretärs in russischem Ausland. Während der Militärparade stand er wie „Primus inter pares“ in einer langen Reihe Staatoberhäupter, die wir nach dem Gespräch mit der Schwiegermutter „Koalition der Unschuldigen“ nannten: Die Staatschefs von Laos und Eritrea, Guinee Bissau, Venezuela und Turkmenistan, Ägypten und Belarus, mit einem Wort alle, die bei Putin in der Kreide stehen oder ihre Loyalität bei dieser Gelegenheit monetisieren wollten, ihre Anwesenheit wurde hochgeschätzt. So hatte Kuba, die Heimat des karibischen Sozialismus, von Putin einen Check für eine Milliarde Dollar erhalten, immerhin 2% des kubanischen BIP für eine Stunde Parade stehen, kein schlechtes Deal für die Insel der Freiheit, das hätte Trump sicher auch gemacht. Was wirklich schade war, neben den „Unschuldigen“ saßen auch echte Veteranen auf der Tribüne und ließen sich für unrechte Sache instrumentalisieren, obwohl die mittlere Lebenserwartung für Männer in Russland bei 67 Jahren liegt und der jüngste Veteran um die hundert Jahre alt sein müsste. Eine Volksweisheit besagt, dass Menschen, die viel erlebt und gelitten haben, ein langes Leben bekommen, damit sie den nächsten Generationen vom Schrecken des Krieges berichten, sie warnen können. Und obwohl diese Menschen im Kreml heute benutzt werden, um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu rechtfertigen, bringen sie ihre Botschaft durch ihre bloße Anwesenheit weiter: Das Leben ist besser als der Tod, Frieden soll der Normaltzustand der Menschen sein und nicht der Krieg. Es waren drei Veteranen auf der Bühne zu sehen, alles Männer. Die berühmteste Veteranin des Zweiten Weltkrieges, Maria Limanskaja, die Militärpolizistin, die 1945 den Verkehr vor dem Brandenburger Tor regelte, war im November letzten Jahres hundertjährig gestorben. Sie hat es bis zum jetzigen Frühling nicht geschafft, der uns am Hacken hat. Während nämlich ein Teil der Fauna aus dem Winterschlaf erwacht, beschießt ein anderer Teil der Fauna die Nachbarn mit Drohnen und Raketen und droht, die Welt zu vernichten. Wer rettet nun den Planeten? Die Unschuldigen? Die Willigen? Der Papst?
30.04.2025
100 Tage Trump.
Nachrichten aus Amerika muten an wie ein schlechtes Provinztheater, ausrangierte Schauspieler torkeln auf der Bühne und geben mit künstlichen Stimmen „Kabale und Liebe“ in einfacher Sprache. Eine geheime Liebesbeziehung zwischen dem Amerikaner und dem Russen, die sie nicht öffentlich preisgeben dürfen. Die Zuschauer fragen sich, warum schauen wir uns das überhaupt an? Doch die politische Theateradministration hatte vorsorglich die Türen von außen verschlossen. Wir sind dem Theater ausgeliefert und müssen es bis zum Ende ertragen, warten bis Luischen ihre vergiftete Limonade endlich trinkt. Hundert Tage des neuen alten amerikanischen Präsidenten im Amt werden gerade in allen Ländern der Welt kontrovers diskutiert und besprochen. Waren sie ein Erfolg oder eine Niederlage? Ist Amerika mit dem MAGA Projekt zumindest in seinen eigenen Augen greater geworden? In Europa würde ein ähnliches Projekt „MEGA“ heißen, „Make Europa Great Again“. Leider ist diese Abkürzung hier bereits besetzt, „MEGA“ steht im Deutschen für Marx-Engels Gesamtausgabe, sie wird im Online Buchhandel in digitaler Form für 444,00 angeboten. Aber zurück zu Trump. Seine 100 Tage sind nicht eindeutig zu bewerten. Viele Projekte sind ins Wasser gefallen oder hängen noch in der Luft. Kanada ist noch immer nicht zum amerikanischen Staat geworden, Grönland macht einen auf toten Käfer und möchte in Vergessenheit geraten.
Für den Golfplatz im Gaza Streifen hat sich kein einziger Inverstor gemeldet und der Krieg in der Ukraine geht weiter, das Land will nicht vor den Russen kapitulieren. Mit den Russen ist nicht zu spaßen.
Auf eine schwer nachvollziehbare Art hat der große Mann Trump Angst vor dem kleinen Mann Putin, er will ihm nicht weh tun, obwohl er alle Mittel dazu in der Hand hat. Aber nein, Trump spielt auf Putins Seite, er bringt im Namen des russischen Präsidenten merkwürdige Friedensangebote aus Moskau in die Ukraine: Einmal sagte Putin ihm, er sei bereit auf die ukrainischen Gebiete zu verzichten, die er nicht erobert hat, unter der Voraussetzung, dass die Ukrainer kapitulieren. Bloß wie kann man auf etwas verzichten, was man nicht hat? Genauso gut könnte Putin auf Lichtenstein oder auf Australien verzichten, die er auch nicht hat. Ein andermal bringt Trump die fröhliche Botschaft aus Moskau mit, sie könnten sich vorstellen, der Ukraine nach dem Ende des Krieges eine kleine Armee und eine geringe Waffenproduktion zu erlauben. Doch die Ukraine hat schon eine Armee, groß genug um die Russen seit drei Jahren im Zaum zu halten, und eine eigene Waffenproduktion, die diese Armee unterstützt. Sie braucht dafür keine Erlaubnis aus dem Kreml. Die Friedensanstrengungen Trumps sind bis jetzt ins Leere gelaufen. Es war aber nicht alles schlecht in hundert Tagen Trumps. Bei der Aneignung des Panama Kanals ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, so wie bei seinem Kampf für die Schließung der Harvard Universität.
Ein klarer Erfolg seiner Präsidentschaft war dagegen die Abschaffung der nachhaltigen Papierstrohalme, die sich im Glas nach zwei Minuten auflösten, sich in eine nasse Serviette verwandelten und der Bevölkerung unsäglich auf den Geist gingen.
Das andere Hassobjekt, die befestigten Deckel an den Plastikflaschen, die nicht nur Amerikaner weltweit beinahe um den Verstand brachten. Sie werden von dem Präsidenten ebenfalls hart bekämpft, es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie endgültig abreißen.
Und das wichtigste zuletzt: Sein Wahlversprechen, die geheimen Akten der CIA über Kontakte mit Außerirdischen für die Öffentlichkeit freizugeben. Das wurde tatsächlich eingelöst, ein großer Schritt für die Menschheit, jetzt wissen wir Bescheid.
Wir wissen, womit die CIA-Agenten jahrzehntelang beschäftigt waren. Sie haben sowjetische Zeitungen studiert und die wichtigsten Artikel rausgeschnitten, zum Beispiel solche, die über Kontakte mit Außerirdischen berichteten. In der Sowjetunion hat man nie ein Geheimnis daraus gemacht.
So wurde in der Armeezeitung „Roter Stern“ 1975 ein Vorfall beschrieben, in dem eine Gruppe von KGB-Offizieren unweit von Leningrad auf Außerirdische traf, die in Form einer glitschigen Masse aus einem unbekannten Objekt rausflossen. Durch Kontakt mit der glitschigen Masse versteinerten 23 Offiziere des Staatssicherheit und mussten später aus Sicherheitsgründen entsorgt werden. Einer aber überlebte. Das Foto des Glückspilzes wurde in den Archiven der CIA geschwärzt, doch möglich wäre es, dass es sich bei diesem Überlebenden um Putin handelte. Der russische Präsident war damals 23 Jahre alt und als junger KGB-Offizier für Kontakte mit Ausländern zuständig. Es ist auf jeden Fall nicht auszuschließen, dass er beim Einsatz mit den Außerirdischen dabei sein konnte. Das würde erklären, warum Trump eine solche Angst vor dem russischen Präsidenten hat. Er glaubt, dass Putin durch den Kontakt mit dem glitschigen Schleim übernatürliche Kräfte entwickelte und alle Gedanken des amerikanischen Kollegen lesen kann, noch bevor diese Gedanken in seinem Kopf zu reifen beginnen. Deswegen verbietet sich Trump zu denken, was ihm nicht leicht fällt, denn eigentlich hat er noch einiges vor und viele Präsidententage vor sich. Es gibt viel zu tun. Wie der verstorbene Papst einmal sagte, „Verschwendet Eure Zeit nicht damit, der Sünde der Trübseligkeit zu verfallen, wo es doch so viele andere lustigeren Sünden gibt.“
22.04.2025
Wladimir Lenin hat heute Geburtstag (155 j.jung) Seine in Russland überall stehenden Denkmäler sorgen dafür, dass auch die Jugend ihn schätzt und kennt.
17.04.2025
Zum 80. Jubiläum der Schlacht um Seelower Höhen
Damals hat die rote Armee ihr Land verteidigt und Europa vom Nationalsozialismus befreit. Heute hat die russische Armee ein Nachbarland angegriffen, das keinen Krieg gegen Russland führen wollte, für diesen Angriff werden sich die nächsten Generationen schämen.
Nach geltendem Völkerrecht ist der Angriffskrieg moralisch nicht vertretbar. Nur haben die Staaten kein Leben nach dem Tod, sie müssen sich nicht vorm Letzten Gericht fürchten und agieren deswegen jenseits jeglicher Moral. Die Staatsmänner seien von daher nicht nach moralischen Maßstäben zu beurteilen - dieser Spruch ist eine alte, durch die Zeit wandernde Floskel mit erstaunlicher Lebensdauer, er wird mal Machiavelli, mal dem Kardinal Richelieu und mal Kissinger zugeschrieben. Die heutigen Staatslenker, die mit unserer Welt Golf spielen, hätten diesen Spruch auch bringen können, allen voran die beiden: der nach eigener Aussage von seinen Handelspartnern in den Arsch geküsste amerikanische Präsident und sein vom Kriegsgott geküsster russische Amtskollege. Die Friedensverhandlungen sind gescheitert, über eine Feuerpause wird nicht mehr gesprochen, der Fleischwolf des gegenseitigen Abschlachtens dreht sich weiter. Unzählige Militärexperten berichten auf beiden Seiten täglich von Kämpfen, an der über tausend Kilometer sich erstreckenden Frontlinie entlang. Es wird hauptsächlich um ein sogenanntes „Häuschen des Försters“ gekämpft, wie die russischen Kriegsberichterstatter die Dörfer bezeichnen, deren Namen niemandem etwas sagen und noch dazu schwer auszusprechen sind. Auf beiden Seiten fehlen die Soldaten. Ab 1. April hat in Russland die planmäßige Einberufung begonnen, die Altersgrenze wurde etwas nach oben korrigiert, es werden nun alle wehrpflichtigen Männer bis 30 Jahre einberufen. Früher war mit 27 Jahren Schluss. Offiziell dürfen die Neueinberufenen nicht gleich an die Front geschickt werden, sie müssen zuerst eine Einwilligung unterschreiben. Dafür werden sie aber in den Kasernen mit sehr überzeugenden Argumenten konfrontiert. Für kurze Zeit hatte sich im März die Bereitschaft der Bürger, gegen Bezahlung den Armeekontrakt zu unterschreiben, beinahe verdoppelt. Wegen den Scheinfriedensverhandlungen hatten viele gedacht, dass der Krieg kurz vor seinem Ende steht. In ihren Augen war dadurch die Wahrscheinlichkeit bald reich und gesund zurückzukommen höher geworden, doch sie haben sich geirrt.
Die russische Armee ist eine Angriffsarmee, laut einer alten Kriegsregel verlieren die Angreifer drei bis viermal mehr als die Verteidiger. Die Vermutung liegt nahe: Die über hunderttausend identifizierten Namen der bereits getöteten russischen Soldaten sind nur ein kleiner Teil der tatsächlichen Verluste. Aktuell ist die Kriegslust in der Bevölkerung trotz patriotischer Propaganda wieder gesunken. Auch die Einberufung läuft nicht so wie gedacht. Die Männer bis 30 verstecken sich. Der April hat mit Razzien in Clubs und Fitnesszentren begonnen. Und das in den Großstädten, in Moskau und St. Petersburg, deren Bewohner bis jetzt vor solchen Aktionen verschont blieben. Auch in der Ukraine werden die Heimatverteidiger rar. Meine FreundInnen in Odessa am Schwarzen Meer erzählen, die Männer seien aus dem Stadtbild verschwunden. Tagsüber verstecken sie sich Zuhause und nachts ist Ausgangssperre. Es gibt einige wenige Lokale, erzählte mir eine Freundin, wo Männer zum Essen hinkommen, es seien wohl die Läden, die einen privatwirtschaftlichen Pakt mit den Einberufungsbrigaden geschlossen haben, die mit Bussen durch die Stadt fahren und Ausschau nach Männern halten. Man sieht tagsüber nur Frauen und sehr alte Menschen auf der Straße. In der Ukraine können Männer bis zum Alter von 60 eingezogen werden, eine Erhöhung auf 70 Jahre wird im Parlament diskutiert. Diese Entscheidung soll von der körperlichen Fitness jedes einzelnen abhängen, schreibt dazu die Pressestelle. „Viele Siebzigjährige sind gut in Form und können ihren Dienst für die Armee leisten“. Selbst nach drei Kriegsjahren staunen die Beobachter über sogenannte russische „Fleischstürme“, sinnlose direkte Angriffe aus ungünstiger Position heraus mit zahlreichen Verlusten, eine Taktik, die aus dem Zweiten Weltkrieg bekannt ist.
Exakt vor achtzig Jahren fand die letzte große Schlacht des letzten Weltkrieges statt, die Schlacht um die Seelower Höhen. Die rote Armee stand am Oderbruch, 70 Kilometer von Berlin entfernt, das Naziregime hatte den Krieg bereits verloren, militärisch war es bedeutungslos, die Seelower Höhen zu stürmen. Doch der Fleischwolf des Militärs hatte seine eigene Logik, mehrere hunderttausend Rotarmisten fielen in den letzten Wochen des längst gewonnen Krieges. In der russischen Propaganda wurden diese Menschen unter dem Sammelbegriff „Der Unbekannte Soldat“ geehrt. Dabei waren diese Menschen, jeder von ihnen durchaus keine Unbekannten, sie hatten Familien, Freunde, ihre Liebsten. Einer von ihnen war mein Großvater. Er gilt als verschollen, hat nicht einmal ein Grab.